Freundschaft hat viele Gesichter

Berühmte Freunde

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#09 Freundschaft
2017

Text

Miriam Holzapfel

Fotos

Gerd Schröder

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Feuilleton

Verbundenheit hat viele Gesichter. Und auch wenn keine Freundschaft genau der anderen gleicht, stehen die berühmten Paare, die wir auf dieser Seite vorstellen, doch für bestimmte Tugenden, die immer dazugehören, wenn Menschen mehr füreinander sind als einfach nur irgendwer: Akzeptanz, Verlässlichkeit, Empathie und Treue – manchmal bis über den Tod hinaus.

SIEGFRIED UND ROY
Die Freundschaft von Siegfried Fischbacher und Roy Uwe Ludwig Horn wurzelt in einer ähnlichen Prägung: Beide sind in Deutschland geborene Söhne alkoholkranker Väter, die es mit Talent und viel Ehrgeiz geschafft haben, ihren engen Familienverhältnissen zu entfliehen. Als Duo erlangten sie mit einer der erfolgreichsten und auch teuersten Shows in Las Vegas Weltruhm, ihre Auftritte mit den weißen Tigern sind bis heute legendär. Als Roy 2003 auf der Bühne plötzlich ohnmächtig wird, verletzt ihn der Tiger Montecore schwer. Wochenlang schwebt Roy in Lebensgefahr. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Zauberkünstler bereits kein Liebespaar mehr, doch immer noch eng verbunden. Im Krankenhaus spielt Siegfried seinem Freund ein Stück aus der Oper Thaïs vor, die Erkennungsmelodie in ihrer Show für die Ankunft der Raubkatzen auf der Bühne. »Als ich sah, wie eine Träne seine Wange herunterlief, wusste ich, dass er es gehört und mich verstanden hatte. Danach war ich mir sicher, dass alles wieder okay werden würde«, beschreibt Siegfried das Erlebnis am Krankenbett seines Freundes. Für die einen mag das ein Zeichen für die hochsensiblen Bande sein, aus denen Freundschaft besteht. Für die anderen ist es einfach Magie.

MICHAEL KNIGHT UND K.I.T.T.
Mittlerweile weiß die Forschung, dass Computer viele menschliche Aufgaben bald besser und billiger erledigen als Menschen selbst. In den 80er Jahren aber war diese Vision für die breite Masse vor allem spannende Vorabendunterhaltung, die sich aus dem Wunsch speiste, von übermenschlichen Kräften beschützt zu werden. Denn, mal ehrlich: Ein zuverlässiger Freund, der immer dann zur Stelle ist, wenn es brenzlig wird – wer wünscht sich das nicht? Michael Knight aus der Serie Knight Rider hatte es gut. Er musste nur »Ich brauch Verstärkung, K. I. T. T.!« in seine Digitaluhr raunen, und schon war das sprechende Wunderauto mit Turbo Boost zur Stelle. 1982 eroberten die vier Staffeln der Serie die USA und wurden auch international ein Erfolg, mit David Hasselhoff und einem Pontiac Firebird Trans Am in den Hauptrollen. Und obwohl der Schauspieler mittlerweile schon weit über sechzig ist, wird es nun eine Neuauflage geben. Darin hat sich nicht nur Hasselhoff verändert, auch das Auto sieht anders aus, es ist nun ein schwarzer Shelby GT500KR Mustang. Die wesentlichen Zutaten aber sind dieselben: Ein Auto. Ein Computer. Ein Mann.

LAURA DAHLMEIER UND GABRIELA KOUKALOVA
Laura Dahlmeier und Gabriela Koukalova sind Freundinnen – und scharfe Konkurrentinnen zugleich: Im Biathlon stehen sie an der Weltspitze und kämpfen gegeneinander um die beste Platzierung. Abseits von Loipe und Schießstand aber pflegen die beiden Athletinnen ein inniges Verhältnis, dabei haben sie außer dem Sport augenscheinlich nur wenig gemeinsam. Während Koukalova bei einem Rennen niemals ohne Make-up antreten würde und ausgedehntes Shopping liebt, zieht Dahlmeier Natürlichkeit und Freizeit an der frischen Luft vor, wo sie gerne klettern geht. »Shoppen finde ich furchtbar anstrengend – es sei denn, es geht um Bergschuhe. Und es würde mir auch nicht einfallen, vollgeschminkt an den Start zu gehen.« Koukalova dagegen macht sich nichts aus den Bergen – und auch nichts daraus, dass Dahlmeier so andere Vorlieben hat: »Sie ist ganz besonders, sie hat einen tollen Charakter, ist ein fantastischer Mensch. Ich denke nur Gutes, wenn ich an sie denke.« Ähnlich sein und dennoch grundverschieden: Für Dahlmeier und Koukalova ist es eine Selbstverständlichkeit. Und am Ende gewinnt eben die Bessere.

DAMON UND PHINTIAS
Durch dick und dünn zu gehen, füreinander einzustehen – was im Überschwang als Schwur vielleicht leichtfertig ausgesprochen wird, haben Damon und Phintias nach der Ballade von Friedrich Schiller einer harten Prüfung unterzogen. Als Damon wegen des versuchten Tyrannenmordes zum Tode verurteilt wird und um Aufschub bittet, um zuvor noch der Hochzeit seiner Schwester beiwohnen zu können, erklärt sich Phintias bereit, tapfer für die rechtzeitige Rückkehr des Freundes zu bürgen – und notfalls auch stellvertretend für ihn zu sterben. Es wird knapp: Als Damon mit Verspätung in die Stadt zurückkommt, rät man ihm zur Flucht: »Zurück! du rettest den Freund nicht mehr, / So rette das eigene Leben! / Den Tod erleidet er eben. / Von Stunde zu Stunde gewartet’ er / Mit hoffender Seele der Wiederkehr«. Damon denkt aber gar nicht daran, diese Gelegenheit zu ergreifen, lieber folgt er dem treuen Freund in den Tod: »Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht, / Ein Retter, willkommen erscheinen, / So soll mich der Tod ihm vereinen«. Das Ende ist bekannt, die Treue rührt den Tyrannen Dionys und rettet beide. Ob sie sich danach tatsächlich mit ihm angefreundet haben, wie Dionys hoffte, ist ungewiss.

AUSTRIA 3: WOLFGANG AMBROS, RAINHARD FENDRICH, GEORG DANZER
Es gibt Freundespaare, die sind zu dritt. Wer im Jahr 2017 die Internet-Seite austria3.at aufruft, findet dort unter »Aktuelles« eine Mitteilung, die bereits zehn Jahre alt ist: Darin wird der Tod Georg Danzers bekanntgegeben. Weitere zehn Jahre zuvor rief Rainhard Fendrich gemeinsam mit Danzer und Wolfgang Ambros die Gruppe Austria 3 ins Leben, die eigentlich nur für eine einzige Benefizveranstaltung für Obdachlose bestehen sollte. Beflügelt durch den immensen Erfolg des Auftritts ließ sich das Trio aus den drei österreichischen Musikern aber überreden, fortan weiter gemeinsam aufzutreten. Der Name der Gruppe ist eine Anspielung auf eine gleichnamige, billige filterlose Zigarettensorte, die von den Austria Tabakwerken bis in die 70er Jahre hinein produziert wurde. Dass Danzer kurz nach der Trennung der Band an Lungenkrebs erkrankte, mag wie bittere Ironie erscheinen. Ein Jahr nach der Erkrankung erlag er seinem Leiden. Georg Danzer konnte nicht ersetzt werden, über die Idee einer Wiedervereinigung haben sich Fendrich und Ambros 2011 zerstritten. Der Eintrag zu Danzers Tod ist also in gewisser Weise wirklich noch aktuell. Wenn von dreien einer fehlt, bleibt mitunter weniger als zwei zurück.


Miriam Holzapfel ist Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Redakteurin für den Atlas.

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