Sommersonnenwende

Here comes the sun

Ausgaben

#04 Tradition
2015

Fotos

Kathleen Bernsdorf

Tags

Europa

Die Sommersonnenwende am 21. Juni wird seit jeher als mystische Zeit verstanden, die an vielen Orten der Welt von weltlichem und religiösem Brauchtum begleitet wird. Seit dem Mittelalter steht häufig der Geburtstag von Johannes dem Täufer am 24. Juni im Zentrum der Feierlichkeiten, zu denen fast überall offene Feuer gehören, die dem Sonnenlicht Beistand leisten und das Unglück vertreiben sollen. Vor allem in Skandinavien und im Baltikum spielen die Feste zu Ehren des Heiligen Johannes eine wichtige Rolle, aber auch in den Alpenländern sind weit leuchtende Feuer in den Bergen und Tälern verbreitet - 2010 hat die UNESCO diese Bergfeuer sogar zum immateriellen kulturellen Erbe Österreichs erklärt. Und wenngleich sich das regionale Brauchtum zur Sommersonnwende zumindest in Europa ähnelt, unterscheiden sich die Traditionen doch im Detail. Wir haben etwas genauer hingesehen.

China
In der süwestchinesischen Stadt Yulin wird „Xiazhi“ gefeiert, zu dem traditionell Hundefleisch in allen Variationen angeboten wird: gegrillt, gekocht oder in der Suppe. In Beijing isst man zur Sommersonnwende dagegen in kaltes Wasser eingelegte Nudeln, da die langen und glatten Teigstücke als Symbol für Reibungslosigkeit gelten und Glück bringen sollen.

Tirol
In Erinnerung an das Herz-Jesu-Gelöbnis von 1796, mit dem die Tiroler Landesstände göttlichen Beistand gegen die Truppen Napoleons erbaten, wurden die Sonnwendfeuer in Herz-Jesu-Feuer umgedeutet. Oft werden diese in Form von Herzen, Kreuzen oder den Zeichen Christi angeordnet und am Samstag oder Sonntag nach dem Herz-Jesu-Fest entfacht.

Schweden
Zu „Midsommar“ tanzen die Schweden im Kreis um einen geschmückten Baumstamm, viele tragen dabei ihre Trachten und Kränze aus Blumen oder Birkenzweigen. Zum Festessen werden ersten Jungkartoffeln zusammen mit Hering, Sauerrahm, Schnittlauch, Knäckebrot und Käse serviert.

England
Die antike Stätte Stonehenge wurde schon ca. 2.500 Jahre vor Christus zur Bestimmung der Sonnenwenden benutzt. Der Eingang der Stätte zeigt genau in die Richtung, in der zur Sommersonnenwende die Sonne aufgeht. Heute versammeln sich jährlich mehr als zehntausend Menschen dort, um diesen Moment mit Musik, Tanz und Feuer die ganze Nacht zu feiern.

Norwegen
In der Nacht zum Johannistag werden in Gedenken an „Jonsok“ Fackeln und größere Feuer entzündet, Kinder spielen eine traditionelle norwegische Hochzeit nach. Junge Mädchen pflücken sieben Blumensorten und legen sie unters Kopfkissen, um von ihrem zukünftigen Ehemann zu träumen.

Finnland
Die meisten Finnen fahren aufs Land und feiern mit Freunden und Familie in mit Blumen und Birkenzweigen geschmückten Sommerhäusern. Selbstverständlich gehören auch Saunagänge zum Fest, außerdem fällt nach altem Glauben die Ernte umso reicher aus, je mehr man an „Juhannus“ trinkt.

Litauen
In Litauen glaubt man, dass in der kürzesten Nacht des Jahres die Tiere sprechen können. Man feiert in bunten Trachten und mit eigens für diesen Anlass gebrautem Bier.

Brasilien
In Brasilien fällt der Johannistag zeitlich mit der Maisernte zusammen. Zu Ehren des São João werden daher zahlreiche Maisgerichte gereicht (Kuchen, Puddings, Suppen und Maiskolben), die über dem Johannisfeuer gegrillt wurden. Frauen tragen gerne bunte, weite Kleider, die Männer karierte Hemden und Strohhüte.

Färöer
Auf den Färöern wurde 1925 die Jóansøka etabliert, ein Sportfest, in dessen Rahmen jährlich die Regatta um die Meisterschaft im färöischen Rudersport ausgetragen wird. Neben dem Ruderwettbewerb gibt es Fußball, Radrennen und Wettlaufen.

Russland
In St. Petersburg werden die „Weißen Nächte“ gefeiert, die gesamte Stadt verwandelt sich in ein riesiges Volksfest. Die Abiturienten werden am 21. Juni entlassen und feiern in gecharterten Booten traditionell mit purpurnen Segeln die ganze Nacht auf der Newa.

Alaska
In Fairbanks findet von 12 Uhr mittags bis Mitternacht das „Midnight Sun Festival“ statt. Höhepunkt des Programms ist die „Eskimo-Olympiade“ mit Disziplinen wie „Ohrenzupfen“ und „Knöchelhüpfen.

Spanien
In der Nacht von „San Juan“ wird nicht geschlafen, stattdessen versammeln sich viele Spanier am Feuer, um den Sieg des Lichts über die Dunkelheit zu feiern. Häufig trifft man sich am Strand, um dort um Mitternacht ins Wasser zu springen und Feuerwerkskörper zu zünden.

Bolivien
Für die indigenen Amaya beginnt mit der Sonnenwende ein neues Jahr. Es werden Feuer entfacht, auf denen Opfergaben, zum Beispiel ungeborene Lamas, dargebracht werden. Nach der hellen Nacht wird die aufgehende Sonne mit erhobenen Händen begrüßt.

Artikel Teilen

Alle Artikel